Bundesrichter Prof. Dr. Uwe Berlit: Sonderregelungen gegen junge Erwachsene sind aufzuheben – Das Grundgesetz verbietet eine gleichheitswidrige Diskriminierung


Prof. Dr. Uwe Berlit, Richter am Bundesverwaltungsgericht und kein grundsätzlicher Gegner von Sanktionen, hat in der Zeitschrift Soziale Sicherheit (4/2010, S. 124) eine interessante Stellungnahme veröffentlicht, aus der wir einige Passagen zitieren.

„Jugendliche und junge Erwachsene bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres (U 25) trifft das starre Sanktionensystem des SGB II doppelt: häufiger und härter.“ (...)
„...das Grundgesetz verbietet eine gleichheitswidrige Diskriminierung. Es verlangt eine sachlich tragfähige Rechtfertigung für die Schlechterstellung. Sie fehlt hier. Die Arbeitsmarktintegration gerade junger Menschen ist ein legitimes Ziel. Es recht fertigt aber nicht stärkeren Druck.“ (...)

„In dem grundrechtssensiblen Bereich des Entzugs der existenzsichernden SGB-II-Leistungen müssen aber Strafverschärfungen auch durch empirisch tragfähige Gründe gerechtfertigt werden.
Nichts spricht aber für eine geringere »Sanktionsempfindlichkeit« oder ein höheres Strafbedürfnis unter 25-Jähriger. Warum bei diesem Personenkreis schnellere und härtere Strafen eine bessere oder nachhaltigere »Motivationswirkung«, Verhaltensänderung oder Aktivierungsbereitschaft erzeugen sollten, bleibt ein Rätsel des Gesetzgebers.“ (...)
„Die Sonderregelungen für unter 25-Jährige sind zumindest sozialpolitisch verfehlt und aufzuheben.“ (...)

Auch zu dem Aspekt „Sippenhaft“ äußert sich Berlit: „Vor allem muss besser als derzeit gewährleistet werden, dass Familienangehörige – bei U 25 auch die Eltern – durch die Sanktion nicht mit betroffen werden.“ An dieser Stelle erinnern wir an den Beitrag von Udo Geiger (Richter am Sozialgericht Berlin) zu „ Sanktionen und Sippenhaft“ weiter unten.

Abschließend schreibt Berlit „Die Kampagne für ein Sanktionsmoratorium nennt gute Gründe, das Sanktionensystem und seine Praxis gründlich zu überprüfen.“

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