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BVerfG-Urteil vom 9.2. in Bezug auf Sanktionen nicht zu optimistisch deuten! Stellungnahme des Bündnisses zur Kampagne „Hartz IV-Sanktionen stoppen: Widersprüche [einlegen], Überprüfungsanträge stellen, klagen“ Das Bündnis für ein Sanktionsmoratorium teilt die Einschätzung der Initiatoren des bezeichneten Aufrufs (siehe: www.hartz4-plattform.de) nicht, wonach Widerspruchsverfahren, Klagen und Überprüfungsanträge gemäß § 44 SGB X, die sich lediglich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 09.02.2010 (1 BvL 01/09, 1BvL 03/09, 1BvL 04/09) beziehen, Erfolg versprechend sind. Wir gehen davon aus, dass der im Urteil formulierte Anspruch eines jeden „Hilfebedürftigen“ auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen (soziokulturellen) Existenzminimums von den Gerichten nicht generell auf die rechtliche Sonderstellung der nach § 31 SGB II sanktionierten Personen übertragen wird. Es reicht daher nicht aus, Überprüfungsanträge, Widersprüche oder Klagen damit zu begründen, dass die Sanktion nach § 31 SGB II schon deswegen rechtswidrig und verfassungswidrig ist, weil sie zur Unterschreitung des Existenzminimums führt. Diese pauschale Begründung wird nach unserer Einschätzung kaum genügen, um eine Sanktion zu Fall zu bringen. Vielmehr müssen die individuellen Gründe dargelegt werden, warum eine Sanktion rechtswidrig ist, um erfolgreich dagegen vorzugehen.
Dabei möchten wir ausdrücklich dazu ermutigen, sich gegen Sanktionen zur Wehr zu setzen. Schon nach bestehendem Recht sind viele Sanktionen rechtswidrig. Häufig werden rechtliche Mindeststandards bei der Zuweisung von Jobs oder von Eingliederungsmaßnahmen oder bei der Verhängung der Sanktionen selbst nicht eingehalten. So kommt es z.B. darauf an, ob und wie die sanktionierte Person zuvor von der Behörde über die Folgen der etwaigen Pflichtverletzung belehrt worden ist. Außerdem ist rechtlich noch nicht endgültig geklärt, inwieweit sich solche Leistungskürzungen auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auswirken dürfen. Wir halten es durchaus auch für denkbar, dass der Sanktionsparagraph 31 SGB II in einem geeigneten „Musterverfahren“ vor dem BVerfG für verfassungswidrig erklärt wird. Aus der vorliegenden höchstrichterlichen Entscheidung zu den Regelsätzen vom 09.02.2010 lässt sich dies jedoch kaum ableiten. Deshalb raten wir allen von Sanktionen Betroffenen, unverzüglich in einer Beratungsstelle oder bei einer Anwältin/einem Anwalt um Unterstützung nachzufragen und rechtliche Schritte gegen die Sanktion prüfen zu lassen. Die Mühe lohnt sich durchaus: 2009 wurde etwa 40 % der Widersprüche gegen Sanktionen nach § 31 SGB II durch die ARGEn und Jobcenter selbst stattgegeben. Rund 54 % der „Sanktionsklagen“ vor den Sozialgerichten waren im Sinne der Kläger/innen erfolgreich. (Bundestagsdrucksache 17/1095) |
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